
Frisch vom Markt: Systemstabilität durch Erneuerbare und Speicher
Momentanreserve ist eine automatische unverzögerte Energieabgabe oder Energieaufnahme von Anlagen als Reaktion auf Leistungsungleichgewichte. Sie hilft, die Frequenz im Stromnetz zu stabilisieren und ist damit eine zentrale Systemdienstleistung für die Systemstabilität der Stromversorgung. Mit ihrer Hilfe können Störungen verhindert werden, beispielsweise großflächige Stromausfälle und deren schwerwiegende Folgen.
Bisher wird die Momentanreserve vor allem von großen konventionellen Kraftwerken und Betriebsmitteln der Übertragungsnetzbetreiber erbracht. Das muss jedoch nicht sein, denn Momentanreserve kann auch von anderen sogenannten netzbildenden Anlagen bereitgestellt werden.
Dafür können Batteriespeicher oder die Stromrichter von Erneuerbare-Energien-Anlagen (die bei Solar-Anlagen den Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln) zu netzbildenden Stromrichtern weiterentwickelt werden. Netzbildende Stromrichter sind eine zentrale Technologie für den sicheren Netzbetrieb im zukünftigen Stromsystem.
Solche Momentanreserven sollen zukünftig auch marktlich und damit besonders kosteneffizient beschafft werden können. Das unterstützt auch die Technologieentwicklung für netzbildende Stromrichter und lotet zusätzliche Potenziale für die Erbringung von Momentanreserven aus.
Bundesnetzagentur und Forum Netztechnik/Netzbetrieb veröffentlichen Rahmenbedingungen
Wie genau eine marktliche Beschaffung solcher Reserven aussehen soll, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) Ende April festgelegt und öffentlich gemacht. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) hat parallel dazu die notwendigen technischen Anforderungen beschlossen und für alle zugänglich gemacht. Damit liegen nun die Rahmenbedingungen für netzbildende Stromrichter und die marktgestützte Beschaffung von Momentanreserve vor. Im VDE FNN arbeiten Hersteller, Netzbetreiber, Anlagenbetreiber und wissenschaftliche Einrichtungen zusammen.
Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) müssen nun bis spätestens zum Januar 2026 die ersten Beschaffungen von Momentanreserve starten. Die Festlegung zur marktgestützten Beschaffung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) und für die technischen Anforderungen durch den VDE FNN sind zentrale Grundlagen für eine ausreichende Momentanreserve und damit für einen sicheren Netzbetrieb sowie für die Einführung netzbildender Stromrichter. Sie gelten als wichtige Meilensteine der Roadmap Systemstabilität des BMWE.
Schöne Anwendungsbeispiele für Projekte mit Batteriespeichern, die Momentanreserven liefern, gibt es bereits. In Großbritannien entsteht mit 300 Megawatt (MW) Leistung und 600 (Megawattstunden) MWh Speicherkapazität zum Beispiel das derzeit größte Stromspeicherprojekt Europas, dessen erste Phase im März in Betrieb gegangen ist. Zentrale Komponenten des Projekts stammen aus Deutschland. Der Stromspeicher mit dem Namen „Blackhillock“ soll u.a. Momentanreserve liefern und damit zur Stabilität im britischen Stromnetz beitragen.